Medikamente, die Leben retten
Den Auftakt machte der leitende Oberarzt PD Dr. med. Ingo Staudacher mit seinem Vortrag „Medikamente zur Gefäßbehandlung: von der Vorbeugung bis zur Therapie nach Herzinfarkt“. Er erläuterte zunächst die wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen – von den nicht zu beeinflussenden wie Alter, Geschlecht und genetischer Veranlagung bis hin zu beeinflussbaren Faktoren wie Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes, erhöhte Blutfettwerte, Bewegungsmangel, Übergewicht, ungesunde Ernährung und Stress.
„Ziel der Prävention ist es, die Arteriosklerose zu verlangsamen und Komplikationen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall zu verhindern“, so PD Dr. Staudacher. Basis sei ein gesunder Lebensstil mit mediterraner Ernährung, regelmäßiger Bewegung, Gewichts- und Stressabbau sowie Rauchstopp. „Jeder Schritt zählt. Es ist nie zu spät, damit anzufangen“, betonte der Kardiologe.
Er stellte verschiedene medikamentöse Ansätze vor – von Blutdruck- und Blutzuckerkontrolle über Lipidsenker bis hin zu Thrombozytenhemmern. Wichtig sei die regelmäßige Kontrolle beim Hausarzt oder Kardiologen sowie die zuverlässige Einnahme der verordneten Präparate.
Er machte deutlich, dass die Zielwerte für den Blutdruck, Blutzucker und Blutfette vom individuellen Risiko abhängen und brach u.a. eine Lanze für die Statine, die nur zu einem ganz kleinen Teil Muskelprobleme auslösten. Neben Medikamenten, die die Gefäßverkalkung bremsen, gebe es auch solche, die die Beschwerden durch die Koronare Herzkrankheit mindern. Hier nannte er vor allem langfristig wirkende Nitrate.
PD Dr. Staudacher erinnerte zudem an die Bedeutung der Grippe- und Pneumokokkenimpfung und Dr. Hartl empfahl, sich auch gegen Corona impfen zu lassen.
Bewegung wirkt in der Prävention besser als jedes Medikament
Im zweiten Vortrag rückte der langjährige OberarztDr. Admir Delic die Prävention ganz konkret in den Mittelpunkt. 34 Prozent aller Sterbefälle in Deutschland seien auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen – Grund genug, aktiv etwas dagegen zu tun. Wichtig sei, das Rauchen aufzugeben, denn jede Zigarette verkürze das Leben um 25-30 Minuten. Einen großen Hebel, das eigene Risiko zu senken, habe man mit mehr Bewegung, weil diese auch auf andere Risikofaktoren wirke. Fünf Mal 30 Minuten Ausdauertraining pro Woche, kombiniert mit zwei Mal Krafttraining senkten Blutzucker, Blutfette und Blutdruck, helfe bei der Kontrolle des Körpergewichts, wirkten Stress entgegen und förderten das Wohlbefinden. Schon zehn Minuten zügiges Gehen täglich senkten das Risiko um 20 Prozent.
„Es gibt kein Medikament und keine Maßnahme, die einen vergleichbaren Effekt hat wie das körperliche Training. Gäbe es ein solches Medikament mit solch hervorragenden Wirkungen und quasi ohne Nebenwirkungen, wäre jeder Arzt gehalten, es zu verschreiben“, zitierte Dr. Delic den Sportmediziner Prof. Wildor Hollmann.
Ergänzend empfahl Dr. Delic eine mediterrane Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, gesunden Fetten wie Olivenöl, Leinöl, Rapsöl, Walnussöl und Omega3 Fettsäuren z.B. aus Fisch, während rotes Fleisch, Fertigprodukte, Zucker und Transfette möglichst gemieden werden sollten. Auch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen ab 35 Jahren seien entscheidend, um stille Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder erhöhte Blutfette frühzeitig zu erkennen.
Wenn es passiert ist: schnelle Hilfe rettet Leben
Abschließend sprach Dr. Hartl über die Akutbehandlung beim Herzinfarkt. Er erklärte, wie sich aus einer instabilen Angina Pectoris ein Herzinfarkt entwickeln kann und welche typischen Symptome auftreten – etwa ein brennender oder drückender Schmerz mit Engegefühl im Brustkorb oder hinter dem Brustbein, der in den linken Arm, Oberbauch oder Kiefer ausstrahlen kann. „Wenn solche Beschwerden länger als fünf Minuten anhalten, muss sofort die 112 gewählt werden – jede Minute zählt“, so Hartl eindringlich. Keinesfalls sollte in einem solchen Fall zunächst der Hausarzt kontaktiert oder gar die Klinik privat aufgesucht werden. Denn auf der Fahrt zur Klinik würden immer wieder Komplikationen wie das gefürchtete Kammerflimmern auftreten, die nur im Rettungswagen adäquat versorgt werden können.
Den Herzinfarkt beschrieb er als Gefäßunfall, bei dem Plaques in der Gefäßwand aufreißen, so dass ein Blutgerinnsel entstehe, welches ein Herzkranzgefäß verschließe und so das dahinterliegende Muskelgewebe absterben lasse, wenn die Stelle nicht rasch wiedereröffnet werden kann. Risikofaktoren für das akute Anschwellen oder das Einreißen einer Plaque seien sehr üppige Mahlzeiten, das Pressen z.B. beim Stuhlgang oder wenn man beim Holzhacken die Luft anhält, Husten und Infektionen. Ohne diesen Gefäßunfall hätte das Gefäß unter Umständen noch zehn Jahre kein Problem gemacht.
Er stellte auch die so genannten Chest Pain Unit im Alb-Donau Klinikum Ehingen vor, die rund um die Uhr für Patienten mit akuten Brustschmerzen bereitsteht. Dort wird mit verschiedenen Untersuchungsmethoden schnell diagnostiziert, ob ein Herzinfarkt vorliegt, und gegebenenfalls umgehend eine Herzkatheteruntersuchung eingeleitet. Dr. Hartl erklärt diese so: „Durch einen kleinen Schlauch führen wir einen Katheter in der Regel vom Handgelenk bis zu den Herzkranzgefäßen vor. Sobald wir an der verschlossenen Stelle sind, können wir diese mit Hilfe eines Ballons aufdehnen und mit einem medikamentenbeschichteten Stent stabilisieren. Dadurch wird auch das dahinter gelegene Muskelgewebe wieder mit Sauerstoff versorgt.“ In komplexen Fällen ist jedoch unter Umständen der Bypass die bessere Wahl. Kommt ein Bypass in Frage, entscheide ein digital vernetztes „Heart Team“ – bestehend aus einem Herzchirurgen der Universitätsklinik Ulm und einem Kardiologen nach Sichtung der Bilder aus dem Herzkatheterlabor gemeinsam über das weitere Vorgehen – im Sinne der bestmöglichen Versorgung der Patienten.
Großer Zuspruch und reges Interesse
Nach den Vorträgen nutzten viele Besucherinnen und Besucher die Gelegenheit, Fragen zu stellen und mit den Ärzten ins Gespräch zu kommen. Die Referenten nahmen sich Zeit für individuelle Anliegen. „Es war eine rundum gelungene Veranstaltung mit großem Interesse und vielen positiven Rückmeldungen“, resümierte Dr. Hartl zufrieden.