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Lass uns über Adipositas reden

Am Welt-Adipositas-Tag geht es in diesem Jahr darum, mit Mythen und Vorurteilen aufzuräumen

Adipositas (ab einem BMI von 30) ist eine ernstzunehmende chronische Stoffwechselkrankheit, die inzwischen weltweit mehr als 1 Milliarde Menschen betrifft. Diese Zahl ist auch deshalb so alarmierend, weil frühere Projektionen damit gerechnet haben, dass diese Schwelle erst im Jahr 2030 überschritten wird. Forscher sind überrascht von der Geschwindigkeit dieser Entwicklung.

Waage

Seit 1990 hat sich in Deutschland die Zahl der betroffenen Erwachsenen mehr als verdoppelt. Das ist auch für die Gesellschaft gravierend, denn Adipositas ist mit einer Vielzahl von Gesundheitsproblemen verbunden, darunter vorzeitiger Gelenkverschleiß, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ 2-Diabetes, Krebs und verschiedene psychische Gesundheits­probleme. Trotz dieser weitreichenden Auswirkungen wird Adipositas oft stigmatisiert und missverstanden, was den Betroffenen den Zugang zu angemessener Behandlung und Unterstützung erschwert. Während Patienten mit erhöhtem Blutdruck, Fettstoffwechselstörungen oder Diabetes Typ 2 ganz selbstverständlich regelmäßig untersucht und behandelt werden, sieht dies bei Adipositas häufig anders aus. Dies liegt einerseits an einer fehlenden öffentlichen Diskussion über Ursachen und Lösungsansätze, anderseits aber auch an einem fehlenden Bewusstsein für die Komplexität dieser Erkrankung.

Vorurteile über Adipositas:

"Adipositas ist das Ergebnis von schlechter Ernährung und mangelnder Bewegung"

Ernährung und Bewegung sind zentrale Faktoren, wenn es darum geht, eine Adipositas zu behandeln. Bei der Entwicklung von Adipositas sind sie aber nur zwei von vielen möglichen Ursachen. Die Genetik, der Stoffwechsel, psychologische Faktoren und soziale Umstände spielen ebenfalls eine Rolle. Jedes Übergewicht hat seine eigene Geschichte. Die Entwicklung von Übergewicht kann z.B. eine Überlebensstrategie in einer schwierigen Lebensphase sein.

"Menschen mit Adipositas haben keine Disziplin oder Willenskraft" Adipositas ist keine Frage von Willenskraft oder Disziplin. Sie sagt auch nichts über die Intelligenz oder Charaktereigenschaften der Betroffenen aus. Adipositas ist eine komplexe Erkrankung, die viele Faktoren beeinflusst, die über die persönliche Kontrolle hinausgehen. Durch Stigmatisierung erleben Betroffene oft zusätzliche psychische Belastungen, die das Problem nur weiter vergrößern. Dabei kann der Zustand, den wir sehen, bereits das Ergebnis eines erfolgreichen Gewichtsmanagements sein, z.B. die Gewichtsstabilisierung nach einer Gewichtsabnahme.

"Adipositas ist nur ein kosmetisches Problem"

Adipositas ist weit mehr als nur ein kosmetisches Problem. Sie ist mit einer Vielzahl von Folgeerkrankungen verbunden, darunter Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes Typ 2, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Schmerzen und Bewegungseinschränkungen in den Gelenken, Depressionen etc. In der Behandlung der Adipositas geht es daher auch darum, bestehende Folgeerkrankungen zu verbessern oder bzw. ihr Eintreten hinauszuzögern.

„Eine OP löst alle Probleme, so abzunehmen ist keine besondere Leistung“

Eine bariatrische OP setzt im Vorfeld voraus, dass die Patienten über einen gewissen Zeitraum unter ärztlicher Begleitung versucht haben, auf konservativem Wege abzunehmen. Die Ernährungsumstellung muss gelungen sein. Die eventuelle sinnvolle Operation beschleunigt die Abnahme nur, die Ernährungsumstellung ist dennoch die Basis. Sie öffnet die Tür für diesen Weg, aber hindurch gehen muss jeder selbst.

Zwar wird der Hunger durch die Verkleinerung des Magens in der Anfangszeit deutlich reduziert, aber ohne deutliche Veränderungen im gesamten Lifestyle wird der Weg nicht dauerhaft erfolgreich sein. Die ersten Monate nach der OP sind hart – der einfache Weg ist eine OP keinesfalls. Vor allem aber spüren viele Patienten nach einiger Zeit, dass zwar ihr Magen operiert wurde, nicht aber der Kopf. Sie müssen also neue Lösungen für bestehende Verhaltensmuster finden und Versuchungen dauerhaft aus dem Weg gehen.

Hilfe finden adipöse Patienten im Adipositas Netzwerk Alb-Donau (https://www.adipositas-netzwerk-alb-donau.de/). Die nächsten Info­abende des Netzwerks finden am 9. April und 7. Mai jeweils um 17:30 Uhr im Gesundheitszentrum Ehingen statt. Anmelden können sich Interessierte unter der Telefonnummer 07391/586 5208.