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Woche der Demenz -

Stichwort Biographiearbeit

Ein Mensch mit Demenz hat mit zunehmendem Fortschreiten seiner Erkrankung immer mehr sichtbare Einschränkungen. Er kann bestimmte Dinge nicht mehr erledigen, sich an Menschen, Situationen und Geschichten nicht mehr erinnern und verliert zunehmend seine bisherige Persönlichkeit. Das ist aber nur die eine Seite. Die andere ist, dass auch mit Demenz die Lebensqualität erhalten bleiben kann. Statt sich auf die Defizite zu konzentrieren, sollte der Fokus auf dem liegen, was der Mensch noch kann und was er noch weiß.

Im Seniorenzentrum Erbach leben neben vielen körperlich pflege­bedürftigen Bewohnerinnen und Bewohnern auch viele mit einer Demenzerkankung. Für sie sind Sicherheit und Geborgenheit in hohem Maße wichtig, denn bis in die letzten Krankheitsstadien spüren Demenzkranke emotionale Signale. Umso wichtiger ist es da, den Menschen gut zu kennen, zu wissen, was ihm wichtig war, was er erlebt hat und wodurch er geprägt war.

In der Biographiearbeit liegt der Schlüssel zum Verständnis der Be­wohnerinnen und Bewohner. Dabei nimmt man an, dass die Senioren in ihrem Erleben und Verhalten auf Bilder und Vorstellungen aus ihrer Vergangenheit zurückgreifen. Um ihr aktuelles Verhalten zu verstehen, kann es also hilfreich sein, die Lebensgeschichte des Bewohners zu kennen.

Das Ziel der Biographiearbeit ist es, die Lebensumstände kennen­zulernen, in denen die Person aufgewachsen ist. Wo war er oder sie daheim, in welchen familiären Verhältnissen lebte er oder sie, was waren beliebte Tätigkeiten, was mochte er oder sie gar nicht? Was ist vertraut, was macht Angst, gab es vielleicht traumatische Erlebnisse im Krieg?

Herausfinden kann man dies durch strukturierte Erhebungsbogen, aber zusätzlich auch durch viele alltägliche Situationen. Im Hausgemein­schaftskonzept der Einrichtung leben die Senioren in Wohnbereichen zusammen und erleben dort den ganz normalen Alltag. Das bietet einerseits vielfältige Chancen zu Gesprächen z.B. zu den früher gewohnten Arbeiten im Alltag oder zur Zubereitung von Speisen. Oft kommen über ganz gewöhnliche Dinge wie die Zusammenstellung des Speiseplans lebhafte Gespräche zustande, in denen sich auch demente Bewohner plötzlich wieder an Dinge in ihrer Kindheit oder Jugend erinnern oder wieder wissen, wie das war, als sie ihren Partner kennenlernten und Kinder großzogen.

„Andererseits bieten das Hausgemeinschaftskonzept aber auch ganz besonders gute Möglichkeiten, individuell auf die Bewohner einzugehen und ihnen einen Rahmen zu schaffen, in dem sie sich mit ihren Wünschen und Bedürfnissen aufgehoben fühlen. Das fängt damit an, dass sie selbst entscheiden können, wann sie aufstehen und was sie frühstücken. Wichtiger ist aber, dass wir bei den Tätigkeiten variabel sind. Wenn wir z.B. wissen, dass jemand im Büro tätig war und es liebte, dort die Ablage zu machen, dann gibt es auch die Möglichkeit, ihn bei der Aktenvernichtung oder beim Ablegen von Unterlagen mitwirken zu lassen. Wissen wir, dass jemand immer gerne handwerklich tätig war, dann ist der beim Männerstammtisch richtig oder kann beim Aufbau von Geräten mithelfen. Einer Frau, die für ihr Leben gerne gebacken hat, werden wir dagegen durch das Backen und Kochen im Wohnbereich gerecht. Dort kann sie selbst mithelfen oder nur den Geruch des frischen Apfelkuchens im Ofen genießen.PM Wich“ erklärt Anna Schleicher, Präsenzkräfteleitung im Seniorenzentrum.