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Rund 9.000 Menschen warten auf ein Organ

Dr. med. Constanze Finter betont anlässlich des Tags der Organspende die Bedeutung des Organspendeausweises

Die Oberärztin in der Ehinger Anästhesie übt die neue zusätzliche Funktion mit großem Engagement aus. Lächelnd erzählt sie, dass sie sich sehr gefreut habe, als ihr Chefarzt Dr. med. Markus Brucke sie fragte, ob sie sich vorstellen könne, nach dem Ausscheiden von Dr. med. Anita Dewald diese Aufgabe zu übernehmen.

Und dazu gehört für sie vor allem Aufklärung. „Aus verschiedenen Befragungen wissen wir, dass mehr als 80% der Deutschen einer Organ-und Gewebespende sehr positiv gegenüberstehen, 64% haben für sich eine Entscheidung getroffen, aber nur knapp 30% haben diese schriftlich festgehalten. Das zeigt mir, dass hier nach wie vor viel Aufklärung notwendig ist“ so Dr. Finter.

Vielen ist es unangenehm, sich mit diesem Thema zu beschäftigten. Dabei ist den meisten nicht bewusst, dass die damit im Ernstfall ihren engsten Angehörigen sehr viel zumuten. Denn diese müssen dann in einer absoluten Ausnahmesituation ggf. eine Entscheidung treffen. Dabei zeigen Studien, dass viele sich in dieser Extremsituation und ohne das Wissen um den Wunsch des Patienten gegen eine Organspende entscheiden – angesichts einer Zustimmungsrate von 84% dürfte das in vielen Fällen nicht dem Wunsch der Person zu Lebzeiten entsprochen haben.

Knapp 9.000 Menschen stehen derzeit in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organ­transplantation haben im Jahr 2022 in Deutschland 869 Menschen Organe nach ihrem Tod gespendet. Das ist ein Rückgang um 6,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Wäre auf Grund dieser großen Differenz von Spenderorganen zu Menschen auf der Warteliste nicht die seit Jahren diskutierte Widerspruchslösung der richtige Weg? Diese würde bedeuten, dass alle zunächst als Spender angenommen werden und man aktiv widersprechen muss, wenn man seine Organe nicht spenden möchte. Dr. Finter setzt hier auf Aufklärung und Vertrauen. „Die Widerspruchslösung kann auch dafür sorgen, dass sich Menschen dann gegen die Organspende entscheiden, weil sie das Gefühl haben, unter Druck gesetzt zu werden. Viele Ängste und Sorgen kann man ja durchaus verstehen. Viele bewegt zum Beispiel die Sorge, dass sie im Falle eines Unfalls nicht mehr optimal versorgt werden, wenn die Ärzte wissen, dass sie sich für eine Organspende entschieden haben. Diese Angst kann man aber ganz klar nehmen, denn für uns Ärzte ist das Leben und die Heilung immer das höchste Ziel. Solange die Chance besteht, dass der Patient überlebt, wird jegliche Kraft auf dieses Ziel verwendet. Erst wenn klar ist, dass der nicht behebbare Ausfall des Gehirns nicht mehr abwendbar ist, wird eine mögliche Organspende überhaupt ein Thema. Ich glaube der Zugang zu diesem Thema wird einfacher, wenn man sich klar macht, dass es nicht um Zahlen auf einer Warteliste geht, sondern dass hinter diesen Namen immer auch ein Schicksal steht. Menschen, die ein Spenderorgan bekommen sollen, haben sehr große Einschränkungen in ihrer Lebensqualität zu verkraften und oft die Aussicht des nahendem Todes, wenn nicht rechtzeitig ein Organ gefunden werden kann. Dabei wissen viele Menschen nicht, dass ein einziger Spender je nach Konstellation bis zu 6-8 Menschenleben retten kann. Diese Aussicht kann auch etwas Tröstendes haben, wenn man einen nahen Angehörigen plötzlich und unerwartet verliert.“

Zwei entsprechend qualifizierte Ärzte müssen diesen nicht umkehrbaren Ausfalls des Gehirns unabhängig voneinander feststellen. Ohne diesen Nachweis und ohne das Einverständnis des Patienten oder der Angehörigen dürfen in Deutschland keine Organspenden stattfinden. Zudem dürfen diese beiden Ärzte weder an der Organentnahme noch an der möglichen späteren Transplantation beteiligt sein.

„Sehr erfreulich finde ich, dass die Zahl der Organspendeausweise 2022 gestiegen ist. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil die Etablierung der geplanten Registrierstelle aus Gründen des Datenschutzes und der IT Sicherheit länger dauert als angenommen. Der Organspendeausweis kann im Geldbeutel immer mitgeführt werden und ist so auch schnell auffindbar, wenn der Patient z.B. auf Grund seiner schweren Verletzungen keine eigenen Aussagen mehr machen kann. Zudem hat er den großen Vorteil, dass darauf auch dokumentiert werden kann, welche Organe entnommen werden dürfen und welche nicht oder auch, dass man keine Organe spenden möchte.“