Wenn normale Angst zur Krankheit wird – Erkennen und Behandlung von Angststörungen
Bericht vom Gesundheitsforum Blaubeuren am 15. Februar 2017
21.02.2017
Angst ist ein normales Gefühl – wie Freude, Wut oder Trauer – das jeder von uns kennt. In ihrer Funktion als Warnsignal ist sie sogar ausgesprochen wichtig, da sie unseren Körper in Gefahrensituationen schützt und schnell reagieren lässt. Ängste treten als Stressreaktion auf, können Folgen körper-licher Erkrankungen (z.B. Schilddrüsenüberfunktion), oder auch Symptom einer psychiatrischen Erkrankung sein, und entwickeln sich unter Umständen zu einer manifesten Angststörung. Angststörungen sind bei vielen Menschen unbekannt und bestimmt spricht ein Teil der Betroffenen aus Scham oder Unkenntnis nicht darüber.
Leider wissen viele auch nicht, dass Angsterkrankungen gut therapierbar sind, wobei etwas Geduld benötigt wird. Wichtig ist: Vor einer psychiatrischen/ psychotherapeutischen Therapie müssen organische Ursachen im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung ausgeschlossen werden.
Ein Teufelskreis der Angst. Er beginnt mit körperlichen Symptomen wie Herzrasen, feuchten Händen, Zittern, weichen Knien oder Druck auf der Brust. Dazu kommen so genannte Katastrophen-Gedanken – „es wird etwas ganz Schlimmes passieren“. Die Gefühle von Angst und Panik verstärken sich, die körperlichen Symptome setzen erneut ein, die Angst vor der Angst bestimmt das Denken... und der Teufelskreis schließt sich. Betroffene wollen ausbrechen, vermeiden flüchten – schlecht nur, dass Vermeidungsverhalten die Ängste nur noch weiter verfestigt.
Wann wird die Angst zur Erkrankung? Wenn die Ängste immer häufiger auftreten und immer länger andauern, wenn das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren und diesen Gefühlen hilflos ausgeliefert zu sein, immer stärker wird, spricht man von Angsterkrankung oder Angststörung. Die Ursachen sind in der Regel multifaktoriell und reichen von der genetischen Disposition über die elterlichen Einflüsse, traumatischen Erlebnisse bis hin zu neurobiologischen Faktoren. Äußere Reize gehen im Gehirn ein, werden verschaltet und führen zu einer Reaktion. Auch Hormone und Botenstoffe sind beteiligt, wie das bei Stress ansteigende Cortisol oder der Botenstoff Serotonin.
Die Panikstörung – die Angst tritt attackenartig, unerwartet, auf oft ohne eindeutigen Auslöser und das gleich mehrmals im Monat. Anders die generalisierte Angststörung, die als Symptom ein dauerhaft sorgenvolles, stets am Negativen orientiertes, immer das Schlimmste befürchtende Denken aufweist – mit nachfolgenden Ängsten und körperlichen Beschwerden. Es gibt außerdem die Agoraphobie – dazu gehören die Angst vor öffentlichen Plätzen, vor dem weiten Reisen sowie die soziale Phobie, mit der Furcht vor prüfender Beobachtung, oder vor Kritik – aber auch spezifische Phobien, wie die vor Mäusen, Spinnen oder vor dem Zahnarzt.
Eines haben sie alle gemeinsam: ignoriert, verdrängt, vermieden weiten sie sich immer mehr aus und mindern die Lebensqualität kontinuierlich.
Da hilft nur die Therapie. Akute, schwere Angstzustände kann man in der Krisensituation mit hochwirksamen, angstlösenden Medikamenten behandeln. Diese dürfen jedoch nur kurzfristig eingenommen werden, da sie bei regelmäßiger und langfristiger Anwendung zu Abhängigkeit führen können. Zur erfolgversprechenden Langzeitmedikation werden bestimmte Antidepressiva eingesetzt, die aber kein Suchtpotential haben.
Die medikamentöse Behandlung wird idealerweise mit Psychotherapie, Entspannungsverfahren und einem gesunden Lebensstil kombiniert. Bei manchen Angstformen ist die Psychotherapie wirksamer als eine medikamentöse Behandlung. Früh erkannt und therapiert haben Angsterkrankungen sehr gute Heilungschancen.