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Demenz: eine medizinische und gesellschaftliche Herausforderung

Gesundheitsforum Laichingen am 06. März 2013

Bei der Auftaktveranstaltung am 6. März 2013 referierte Dr. med. Michael Jamour zum Thema Demenz. Seit 10 Jahren ist er Chefarzt der Geriatrischen Rehabilitationsklinik Ehingen, Facharzt für Innere Medizin, Klinische Geriatrie und Physikalische Therapie.

„Ein wenig Vergesslichkeit im Alter gehört zum normalen Alterungsprozess und ist nicht zwangsläufig besorgniserregend. Doch wenn wir einen permanenten geistigen Leistungsabbau mit langsam fortschreitendem Verlust des Gedächtnisses beobachten können, die Konzentrationsfähigkeit auffällig nachlässt, die Orientierung Probleme bereitet und die alltägliche Handlungsplanung scheitert, kann es sein, dass Betroffene an einer Demenz erkrankt sind.“ Mit diesen Worten eröffnete Dr. Jamour den gut besuchten Vortrag im Bürgersaal des Alten Rathauses.

Die häufigste Form der Demenz ist die Alzheimer Erkrankung, von der fast ausschließlich Menschen höheren Alters betroffen sind und von der bei den über 90-Jährigen in unserer Bevölkerung jeder Dritte betroffen ist. Bundesweit sind in Deutschland etwa 1,3 Mio. Menschen an Alzheimer erkrankt.

Ob diese Demenzerkrankung im Einzelfall tatsächlich vorliegt, ist aufgrund eines langjährigen und schleichenden Verlaufs – man spricht von etwa 8-10 Jahren - nicht ganz leicht feststellbar. Ursächlich ist häufig ein Hirnabbauprozess, der im fortgeschrittenen Stadium auf einer computertomografischen Aufnahme selbst für einen Laien deutlich zu erkennen ist. Sie kann allerdings auch durch andere Faktoren, wie Durchblutungsstörungen, Vitamin-B12-Mangel, Schilddrüsenfehl-funktionen oder aber psychische Erkrankungen ausgelöst werden.

Symptome der Demenz sind fortschreitende Einschränkungen des Gedächtnisses und anderer kognitiver Fähigkeiten wie Lernfähigkeit, Denkleistung, Sprachvermögen bis hin zum Verlust der Alltagskompetenz. „Dauern diese Defizite länger als sechs Monaten an, ist das Vorliegen einer Demenz sehr wahrscheinlich. Ihnen als Angehörige empfehle ich dringend eine medizinische, fachärztliche Abklärung“, sobald Sie diese Symptome beobachten, so Dr. Jamour. Bestehen zusätzlich zu diesen kognitiven Einschränkungen auch Verhaltensauffälligkeiten, liegt meist schon eine Demenz im fortgeschrittenen Stadium vor.

An der umfassenden Diagnostik sind viele Berufsgruppen beteiligt. Zur Diagnosestellung gehört neben dem ärztlichen Gespräch und der internistischen sowie neurologischen Untersuchung vor allem eine ausführliche psychometrische Testung. Häufig wird in einem ersten Schritt der so genannte Uhren-Test durchgeführt, der aber nur einen groben Eindruck über die kognitive Leistungsfähigkeit vermittelt Zur differenzierten Diagnose müssen weitere Testreihen, bildgebende Aufnahmen des Gehirns und aktuelle Laborergebnisse herangezogen werden. Anhand der Untersuchungsergebnisse wird das weitere diagnostische und therapeutische Vorgehen in einer Diagnosekonferenz erörtert. Im Anschluss daran stehen das Gespräch und die Abstimmung mit den Betroffenen, den Angehörigen und mit dem  Hausarzt.

Die Alzheimer Erkrankung ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht heilbar, ihr Fortschreiten kann jedoch – je früher sie erkannt wird – medikamentös verzögert werden. Daher empfiehlt der Arzt eine gute Beobachtung und regelmäßige Gesundheitschecks. Was man sonst noch tun kann? Gesunde Ernährung, geistige und körperliche Aktivität, ein normales Körpergewicht aber auch der Verzicht auf Nikotin und zu viel Alkohol wirken sich in jedem Fall günstig aus.

Das therapeutische Angebot ist heutzutage sehr vielfältig. Es reicht von Gedächtnistraining über bewegungs- und musiktherapeutische Ansätze bis hin zu Emotions- und Milieutherapie. Denn eines liegt dem Geriater Dr. Jamour ganz besonders am Herzen. Bei allen Einschränkungen, die eine Demenz mit sich bringt, sind Bewusstsein und Emotionalität erhalten. Den Betroffenen mit Zuwendung begegnen, sich auf ihre Welt einlassen und die verbliebenen Fähigkeiten fördern und stärken – das ist die Kunst im Umgang mit Demenzkranken.

Die Demenzerkrankung kann anstrengend sein – für den Erkrankten selbst und für die Familie. Ein Patentrezept gibt es nicht. Gesprächs- oder Selbsthilfegruppen, Tages- oder Kurzzeitpflegeangebote sind in dieser Situation wertvolle Stützen, um nach einer wichtigen Auszeit gestärkt in den Alltag zurückzukehren.Im Anschluss an den Vortrag blieb noch genügend Zeit für interessierte Fragen.