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Neue Behandlungsmethode in der Frauenklinik Ehingen verkürzt die Strahlentherapie für Krebspatienten


Im Brustzentrum Donau-Riß wird im Rahmen der wöchentlich durchgeführten Tumorfallkonferenzen über jede einzelne Patientin einzeln und in interdisziplinärer Zusammensetzung beraten. In diesem Gremium entscheiden Gynäkologen, Strahlentherapeuten, Onkologen, Radiologen und Pathologen gemeinsam auf der Basis der bereits bekannten Untersuchungsergebnisse, welche Behandlung im Einzelfall erforderlich ist. Dies hängt ab vom Alter der Frau, der Größe und Lage des Tumors, dessen bekanntem Wachstum, seiner Reaktion auf Chemotherapie, Hormontherapie etc.

In der Regel wird zunächst der Tumor operativ entfernt. Ist eine an die OP anschließende Chemotherapie erforderlich, so wird diese meist als erste Maßnahme nach der Operation durchgeführt. Im Anschluss daran kann dann noch eine Strahlentherapie notwendig werden.

Rund 80% der Brustkrebspatientinnen im Brustzentrum Donau-Riß werden brusterhaltend operiert. Bei diesen Frauen wird also nicht die komplette Brust entfernt, sondern lediglich der Tumor mit einem ausreichenden Sicherheitsabstand zum Restbrustgewebe. Damit dies ohne höheres Risiko möglich ist, werden diese Patientinnen nach der operativen Entfernung des Tumors für ca. 6-8 Wochen bestrahlt. Während dieser Zeit müssen sie an fünf Tagen in der Woche zur Strahlentherapie. Eine belastende Zeit, daher war es für viele Frauen schon eine erhebliche Erleichterung, dass sie diese Bestrahlung seit Sommer 2011 im Gesundheitszentrum Ehingen durchführen lassen können, denn dort betreibt die Universitätsklinik Ulm die Strahlentherapie als Hochschulambulanz der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie unter Leitung von Prof. Dr. med. Thomas Wiegel.

Mit der intraoperativen Strahlentherapie ist es möglich, unmittelbar nach der operativen Entfernung des Tumors aus der Brust das Tumorbett (also die Gegend, in der zuvor der Tumor lag) noch während der Operation mit einer hohen Einmaldosis zu bestrahlen. Möglich wird das durch das so genannte Intrabeam – ein spezielles mobiles Bestrahlungs¬gerät, für das die Krankenhaus GmbH Alb-Donau-Kreis rund 270.000 Euro investiert hat.

Die Operation läuft dabei zunächst wie gewohnt ab – der Tumor wird entfernt, das Tumorgewebe zum Pathologen geschickt, der die Wundränder im Schnelltest auf mögliche weitere Tumorzellen untersucht. Während das OP-Team noch auf das Ergebnis des Schnelltests wartet, werden die Vorbereitung für die Intraoperative Bestrahlung getroffen. Denn mit dieser Methode kann nun noch im OP Saal das Tumorbett bestrahlt werden. Dazu wird ein Applikator direkt in das Tumorbett eingeführt. Das umliegende Hautgewebe wird geschützt und der Brustraum mit einer Bleimatte abgedeckt. Dann gibt das mobile Strahlengerät eine hohe Einmaldosis ab. Diese hat eine wesentlich stärkere biologische Wirkung als die gleiche Summe mehrerer Einzeldosen, die von außen über die Haut gegeben werden. Denn durch die Bestrahlung noch während der OP erreicht die Röntgenstrahlung genau das gewünschte Gebiet, ohne zuvor die Haut durchdringen zu müssen.

Sobald der Operateur gemeinsam mit dem Strahlentherapeuten und dem Medizinphysiker die Bestrahlung individuell festgelegt haben, wird die Patientin mehrere Minuten lang bestrahlt. Sie bekommt davon aber nichts mit, weil sie während dieser ganzen Zeit in Narkose liegt. Nach Beendigung der Bestrahlung wird der Tubus wieder entfernt und die Operation wie geplant zu Ende geführt.

Durch die Intraoperative Bestrahlung kann zwar nach heutigem Kenntnisstand noch nicht vollständig auf die Bestrahlung nach der OP verzichtet werden. Die erforderliche Bestrahlungszeit kann dadurch aber um ein bis zwei Wochen verkürzt werden. Für die betroffenen Frauen ist dies eine erhebliche Erleichterung, denn die täglichen Fahrten zur Strahlentherapie sind in einer ohnehin kräfte- und nervenzehrenden Zeit eine hohe Belastung. Zudem sind die zu erwartenden Nebenwirkungen geringer, wenn auf die als „Boost“ bezeichnete letzte Bestrahlungsphase verzichtet werden kann, weil diese schon während der OP erfolgt ist.

Studien zeigen zudem, dass sich die Intraoperative Bestrahlung auch positiv auf die Rückfallwahrscheinlichkeit auswirkt. Möglich scheint nach heutigem Kenntnisstand sogar, dass künftige Studien zum Schluss kommen könnten, dass unter bestimmten Voraussetzungen ganz auf eine anschließende Bestrahlung verzichtet werden könnte. Noch ist dies aber Zukunftsmusik.

„Wir sind ausgesprochen froh, dass wir unseren Patientinnen und Patienten diese schonende und gleichzeitig hocheffektive Behandlung in enger Zusammenarbeit mit der Hochschulambulanz von Prof. Wiegel anbieten können. Unsere gemeinsam betreuten Patientinnen und Patienten werden diese Methode als eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität in den Wochen nach dem Eingriff erleben und das ist für uns als Ärzte eine starke Motivation, das beste aus der Methode herauszuholen. Noch können wir nicht eindeutig sagen, wie sich die Studienergebnisse entwickeln werden und ob es künftig möglich ist, die Methode bei noch mehr Patientinnen als bisher möglich anzuwenden oder gar die Bestrahlungszeit nach der OP weiter zu verkürzen. Mit dem neuen Gerät sind wir aber bestens für solche Szenarien vorbereitet und können unseren Patientinnen einmal mehr den neuesten Stand der Medizin anbieten“ erläutert Dr. med. Ulf Göretzlehner, Chefarzt der Frauenklinik Ehingen.