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Dr. med. Michael Jamour als Experte im Landtag


Die Enquetekommission verfolgt das Ziel, die Situation in der Pflege in Baden-Württemberg zu untersuchen und zu überprüfen, wie die vorhandenen Rahmenbedingungen verändert und welche Impulse gegeben werden müssen, um eine qualitativ hochwertige Pflege dauerhaft sicherzustellen. Sie möchte auch prüfen, welche Angebote im Bereich der Prävention und Rehabilitation erforderlich sind, um den Menschen solange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Die Öffentliche Anhörung hat das Thema „Rehabilitation und Prävention“. Der Facharzt für Innere Medizin, Klinische Geriatrie und Physikalische Therapie, Dr. Jamour, wurde von den Fraktionen des Landtags als Experte bestellt und hat dadurch die Möglichkeit, seine umfassenden praktischen Erfahrungen in der Rehaklinik sowie seine Forschungsergebnisse auf diesem Gebiet in die Arbeit der Enquetekommission einzubringen. Zugleich möchte er damit auf die Situation der geriatrischen Rehabilitation aufmerksam machen sowie den notwendigen Verbesserungsbedarf im Bereich der Finanzierung zur Sicherung der Struktur- und Ergebnisqualität darstellen.

„Die geriatrische Rehabilitation hat eine immense Bedeutung für die Menschen, die z.B. nach einem Sturz mit Verletzungen ihre Mobilität und Eigenständigkeit verlieren und in vielen Fällen nach erfolgter Rehabilitation wieder fit für den Alltag sind und so in ihr gewohntes häusliches Umfeld zurückkehren können. Aber auch volkswirtschaftlich ist diese Form der Reha von hohem Wert, denn sie hilft, dauerhafte Kosten für eine Heimunterbringung einzusparen. Unter diesem Aspekt ist es umso wichtiger, die geriatrische Rehabilitation als Versorgungsform zu stärken und ihre strukturelle Unterfinanzierung zu beenden. Denn durch diese wurden in den letzten Jahren mehrere hundert Rehaplätze im Land abgebaut, weil Kliniken geschlossen oder umgewidmet wurden.“ erklärt Dr. Jamour seine Motivation für die Sachverständigenrolle in Stuttgart.

Dr. med. Michael Jamour, Chefarzt der Geriatrischen Rehabilitationsklinik Ehingen

In seinen 15 Minuten Redezeit und der anschließenden Frage- und Antwortrunde wird Dr. Jamour auch deutlich machen, dass der vom Gesetzgeber gewünschte Vorrang der Rehabilitation vor Pflege häufig nicht umgesetzt wird. Denn in den letzten zehn Jahren gab es einen mehr als 120%-igen Anstieg an Pflegeheimeinweisungen nach einem Krankenhausaufenthalt. Ein wesentlicher Grund hierfür sind die politisch gewollten Liegezeitverkürzungen im Krankenhaus. Betrachtet man die demographische Alterung unserer Gesellschaft, hätte es in den vergangenen zehn Jahren nur zu einem 20%-igen Anstieg an Pflegeheimeinweisungen kommen dürfen. Hinzu kommt, dass der MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) bei Beantragung einer Pflegeversicherungsleistung in seinen Pflegegutachten in weniger als 1% aller Fälle einen Rehabilitationsbedarf anerkennt. Das ist medi­zinisch nicht nachvollziehbar, da in vielen Fällen durch eine geriatrische Rehabilitation Pflegebedürftigkeit verhindert oder zumindest verringert werden kann. Verantwortlich für diese Fehlentwicklung  dürften auch falsche Anreize in den Finanzierungssystemen sein. Denn während vor allem die Pflegekassen durch eine erfolgreiche Rehabilitation Kosten einsparen, müssen die Krankenkassen die Kosten für die Rehabilitation tragen.