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Medikamentensicherheit im Alter verbessern

Ein gemeinsames Projekt von Alpha Apotheke und Geriatrischer Rehabilitationsklinik führt ein Screening bei Patienten ein

In der Praxis ist es oft nicht so einfach, denn viele Medikamente erfordern es, dass sie zu einer bestimmten Mahlzeit, vor oder nach dem Essen, mit wenig oder viel Flüssigkeit oder im zeitlichen Abstand zu anderen Wirkstoffen eingenommen werden. Was schon für jüngere Patienten nicht immer einfach ist, ist für ältere oder hochbetagte Menschen oft eine Herausforderung, der sie nicht mehr gewachsen sind.

Das fängt unter Umständen schon damit an, dass sie nicht wissen, welches Medikament für welche Erkrankung ist, wann und in welcher Dosierung sie es nehmen sollen. Unter Umständen gelingt es ihnen nicht mehr, Tabletten zu teilen, kleine Tabletten aus dem Blister zu drücken oder große zu schlucken. Und doch sind gerade in dieser Altersgruppe Medikamente häufig besonders wichtig. Viele ältere Patienten müssen mehrere Medikamente gleichzeitig nehmen. Und anders als bei vielen jüngeren Patienten, die mal für 10 Tage ein Antibiotikum oder einen Hustensaft benötigen, sind es bei den Hochbetagten oft lebenswichtige Medikamente, die sie zudem dauerhaft einnehmen müssen.

Deshalb legt Dr. med. Michael Jamour, Chefarzt der Geriatrischen Rehaklinik Ehingen, so großen Wert auf die Optimierung der Medikamentengabe während des Reha-Aufenthalts. Gemeinsam mit den Stations- und Oberärzten kontrolliert er, ob alle bisher verordneten Medikamente notwendig sind, ob sie richtig dosiert werden und vorhandene Beschwerden nicht etwa negativ beeinflussen. Doch nur, wenn die Medikamente auch zuhause so eingenommen werden, wie sie in der Klinik eingestellt wurden, ist sichergestellt, dass sich die Situation des Patienten nicht umgehend wieder verschlechtert. Deshalb war es Dr. Jamour ein Anliegen, den Übergang ins häusliche Umfeld auch in diesem Punkt besser zu begleiten. Gemeinsam mit Tilmann Schöll, Fachapotheker für klinische Pharmazie in der Alpha Apotheke im Gesundheitszentrum führte er ein Projekt durch, bei dem es darum ging, mit einfachen Mitteln herauszufinden, ob ein Patient noch in der Lage ist, seine Medikamenteneinnahme selbstständig zu steuern.

Geldzähltest verbessert die Medikamentensicherheit im Alter

In einem ersten Test sollten die Patienten ihre Medikamente nach dem vorgegebenen Plan richten. Als zweiten Test ließen die Projektleiter durch die Ergotherapeutinnen einen Geldzähltest durchführen, bei dem die Patienten eine Standard-Geldbörse mit einer definierten Geldmenge bestehend aus einem Geldschein und unterschiedlichen Münzen erhielten und dann herausfinden mussten, wie viel Geld sich in der Geldbörse befindet. Die hierfür erforderliche Zeit wurde gemessen. In einem Vergleich der Ergebnisse fiel ein starker Zusammenhang zwischen beiden Testreihen auf, d.h. Patienten, denen es nicht oder nur mit viel Zeit gelang, den Geldwert zu ermitteln, hatten auch Probleme, ihre Medikamente zu richten.

„30% der Patienten haben sich bei den Medikamenten nach Form und Farbe gerichtet, konnten aber auf Nachfrage nicht sagen, für welche Beschwerden sie welche Tablette einnehmen. Dies kann immer zu Problemen führen, wenn sich der Hersteller des Medikaments plötzlich durch einen neuen Rabattvertrag der Krankenkasse ändert. Denn dann ist die bisher gelbe Tablette unter Umständen weiß und wird nicht mehr so eingenommen, wie es erforderlich ist. Teilweise fehlte den Patienten die erforderliche Feinmotorik oder sie taten sich schwer damit, Tabletten zu teilen. Auch kindersichere Verschlüsse stellten sich in vielen Fällen als nicht zu überwindende Hindernisse heraus“ fasst Schöll einen Teil der Ergebnisse aus der Studie zusammen.

„Während des Reha-Aufenthalts führen wir nicht nur eine Vielzahl von Therapien durch, sondern schauen auch danach, wie z.B. durch geeignetes Schuhwerk, Auswahl der geeigneten Gehhilfe, optimaler Medikation oder Beseitigen von Stolperfallen die Risiken für eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes nach dem stationären Aufenthalt vermindert werden können. Auch eine orientierende Beurteilung der Seh- und Hörleistung gehört zur Risikoabschätzung dazu und führt ggf. zur Empfehlung, in Kürze den Augenarzt oder Hörakustiker aufzusuchen. Wenn nun Patienten aus kognitiven, manuellen oder visuellen Gründen Probleme haben, ihre Medikamente eigenständig zu nehmen, gefährdet dies ebenfalls die Ergebnisse des Reha-Aufenthalts in unserer Klinik. Deshalb führen wir den Geldzähltest jetzt standardmäßig zu Beginn und im Falle von Auffälligkeiten auch nochmals am Ende des Reha-Aufenthalts durch. Das Ergebnis des Geldzähltestes wird in der Teamvisite mitgeteilt. Da ist neben einer Ergotherapeutin immer auch der Sozialdienst dabei, so dass ggf. die Angehörigen frühzeitig für die Situation sensibilisiert werden können“ erläutert Dr. Jamour. Wenn beim Geldzähltest Probleme sichtbar werden, wird im Einzelfall noch der Medikamententest zusätzlich gemacht. Bestätigt er die Defizite des Patienten, müssen gemeinsam mit den Angehörigen Lösungen gefunden werden. Entweder können diese beim Richten der Tabletten helfen und ggf. die korrekte Einnahme kontrollieren oder sie nehmen die Dienste eines ambulanten Pflegedienstes in Anspruch, der auch nur für diese spezielle Aufgabe zum Patienten nach Hause kommen kann.